Das Mädchen auf dem REWE-Plakat

Bonnie-Sue Kurz

Text: Markus Zeidler; Bild: Bonnie-Sue Kurz

 

 


Die Sportfreunde erhalten unerwartete Unterstützung für die Betreuung in ihrem Basislager. Von einer Dame, die den Sieben bis dato gänzlich unbekannt war. Oder besser gesagt: abgesehen von Sportfreund Markus. Seitdem dieser nämlich bei REWE einkauft, weiss er dass sich ein Blick auf die Plakate über den Kassen lohnt. Eine kurze Geschichte über wundersame Fügungen, verfehlte Marketingstrategien, Bonnie & Clyde - und zu kleine Einkaufswägen.

 

 

Abgesehen von ein paar wenigen Wochen verstrichen beinahe 31 Jahre, bis ich zum ersten Mal in meinem Leben einen REWE-Markt betrat. Nicht, dass ich etwas gegen die Kölner Handelskette einzuwenden gehabt hätte; es ergab sich bis dahin nur einfach nicht. Erst ein Umzug in neue Gefilde sowie der Umstand, dass neue Kühlschränke in aller Regel ohne Inhalt ausgeliefert werden, bedingten diesen Schritt.

 

Als ich schliesslich die örtliche Filiale in der Nähe des idyllischen oberbayrischen Simssees aufsuchte, fielen mir dort drei Dinge auf. Erstens: Die Einkaufswägen sind merkwürdig klein dimensioniert. So, dass man beim Schieben dazu gezwungen wird, eine wenig imponierende Körperhaltung einzunehmen. Zweitens: Die Gänge sind trotzdem zu eng. Und Drittens: Das Plakat über Kasse 1, baumelnd an einem Paar dünner Nylonschnüre. Darauf abgebildet: eine junge Dame mit schneeweissen Zähnen und wallendem Haar, aus einem adretten Kostümchen heraus auf die Wartenden in der Schlange unter ihr herabfeixend. Ich entsinne mich nicht mehr genau der zentralen Aussage, welche die Marketingstrategen mit jenem Druckerzeugnis zu vermitteln versuchten, sehr wohl aber an die Signatur unterhalb des strahlenden Konterfeis:

Bonnie-Sue Kurz. Ein Name wie eine Klangschalen-Therapie.

 

Ich kannte bis dato lediglich vier Bonnie's: eine Riatt, eine Tyler; eine, die über den Ozean fliegt und eine weitere, welche gemeinsam mit Clyde einen eher unschönen Niedergang im Kugelhagel der Bundespolizei erfuhr. Dass eine davon gar nicht wirklich Bonnie heisst und es sich bei einer anderen im Grunde genommen um einen Kerl handelt, ist natürlich eine ganz andere Geschichte.

Jedenfalls - und das ist der Punkt auf den ich hinaus will – hatte ich nicht damit gerechnet, im wirklichen Leben tatsächlich einmal auf jemanden zu treffen, dessen Eltern sich dafür entschieden haben, ihren Nachwuchs mit diesem frohsinnigsten und lebensbejahendsten aller Namen auszustatten. Nicht hier im mitteleuropäischen Raum. Nicht an Kasse 1 einer Rewe-Filiale. Ob das Mädchen da oben tatsächlich so heisst? Erwägungen darüber, ob Supermarktketten vielleicht Pseudonyme für ihre Mitarbeiter vergeben, kreisten durch meinen Kopf.

Es spielte letztendlich aber keine Rolle. Das Plakat, dessen angestrebte Wirkung bestimmt eine andere war als jene, die es bei mir erzielte, schaffte, woran Kaufhausmelodien und subtile Licht-Inszenierungen seit Jahren scheiterten: es versüsste mir ein wenig den leidigen Akt des Einkaufens.

 

Warum ich das, liebe Leser dieses Artikels, alles schreibe, wo es sich doch um einen Blog-Eintrag unseres Projekts „168h“ handelt?

Weil die Welt eine kleine ist. Und eine voller Überraschungen und verblüffender Wendungen. Neulich nämlich rief meine Quasi-Tochter Ilona bei uns an und erklärte meiner lieben Gefährtin Simone ganz aufgeregt, sie wäre mit einer Freundin ausgegangen und habe dieser bei ein paar Runden Prosecco von unserem Mammut-Spendenmarathon erzählt. Diese habe darauf mit leuchtenden Augen reagiert und voller Ekstase gefragt, ob sie an unserem Projekt, von dem sie förmlich hingerissen sei, denn nicht teilhaben könne. Ihren Urlaub wolle sie selbstlos dafür einbringen und sieben Tage lang tatkräftige Unterstützung für die Sportfreunde leisten. Wadeln einrenken, Tee kochen, Wecker stellen. Ob Ilona denn nicht bitte, bitte, bitte nachfragen könne, ob da nicht eine Möglichkeit bestünde.

Prosecco hin oder her: Angebote wie diese bekommt man nicht alle Tage. Natürlich nahm Simone an. Die Worte, die mich dann beinahe aus den Latschen kippen ließen, waren jene, mit denen mir Simone diese freudige Nachricht übermittelte: „Wir bekommen Zuwachs für unser Basislager! Ilona hat eine Freundin, die uns liebend gern unterstützen möchte. Sie wohnt in München und arbeitet bei Rewe. Ihr Name ist Bonnie-Sue oder so ähnlich …!“

 

Manche Dinge bedürfen keiner weiteren Worte.

Vielleicht noch folgende, und ich richte sie direkt an die gesamte REWE-Gruppe: Eure Mitarbeiter sind einsame Klasse. Nicht nur die auf den Plakaten. Aber Eure Einkaufswagen solltet ihr trotzdem mal überdenken…

 

 

 

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