26. April 2015: Haspa Hamburg Marathon

 

Text: Markus Zeidler

 

Am 26. April werden die Sportfreunde Attl wieder über die Langdistanz von 42,195 Kilometern gehen: In Hamburg, zwischen Reeperbahn und Alster, wenn dort zum dreissigsten Mal der HASPA Marathon stattfindet. Während die altgedienten Lauf-Recken Roland und Stefan mit dem erklärten Ziel starten, ihre ohnehin schon beeindruckenden Bestzeiten ein weiteres Mal nach unten zu korrigieren, wissen Markus und Simone hingegen noch immer nicht so ganz genau, warum sie sich das Ganze eigentlich schon wieder antun.

Ein Erklärungsversuch.

 

 

Einmal und nie wieder.

Ich finde es ja immer wieder zutiefst erstaunlich, wieso man sich manche Dinge mehr als einmal, geschweige denn öfter oder sogar regelmässig innerhalb eines Lebens antut. Bei McDonalds essen gehen zum Beispiel; einen Streit mit der Gebühreneinzugszentrale führen, sich die Beine mit Heisswachs enthaaren oder Reality-Formate auf RTL gucken.

Als ob nicht von vorneherein - und allerspätestens nach dem ersten Vorstoss - zweifellos klar wäre, dass all dies entweder ziemlich ungesund, wenig erfolgversprechend, peinlich, schmerzhaft, öde, entbehrungsreich oder sogar all das zusammen ist.

 

Mit Marathons ist es das Gleiche. 42,195 Kilometer am Stück zu laufen - womöglich in einer individuell passablen Zeit - gehört natürlich zu den klassischen Zielen, die man als ambitionierter Sportler irgendwann einmal erreicht haben möchte. Als ich vor etwas mehr als einem Jahr die letzten einhundert Meter eben dieser Strecke auf dem blauen Teppichband des Heldenplatzes in Wien hinter mich gebracht hatte, stand für mich fest: dieses eine Mal ist genug. Drei Stunden und siebenundfünfzig Minuten, mit denen ich vollauf zufrieden war, die am Ende aber weiss Gott keinen Spass mehr gemacht haben.

Warum also eine Wiederholung?

Abgesehen davon kennzeichnet eine monatelange Vorbereitungszeit mit immer wiederkehrenden, endlosen Laufeinheiten, allzu oft in winterlicher Dunkelheit und Kälte, auch nicht gerade der Gipfel ekstatischer Freude.

Das liegt mitunter natürlich auch daran, dass ich eigentlich nicht wirklich Läufer bin. Zumindest kein typischer, und auch keiner, dem diese Form der körperlichen Ertüchtigung eine besonders tiefe Befriedigung verschaffen würde. Ja, ein solches Statement mag befremdlich klingen aus dem Mund von jemandem, der vor nicht allzu geraumer Zeit freiwillig die Entwicklungshölle vom Nicht-Läufer bis hin zu einem, der sieben Tage und Nächte am Stück in einer Staffel laufen kann, durchschritten hat. Aber so ist es nun mal. Runner's High? Oft davon gelesen, nie erlebt. Sportfreundin Simone, unermüdliche Langstrecken-Marschiererin, kann dem Laufsport sogar noch weniger positive Facetten abgewinnen: „Ich würde auf der Stelle und ohne zu Zögern meine Schuhe schnüren und tausend Kilometer weit zu Fuss gehen, sogar liebend gerne und wenn nötig auch mit zwei Rucksäcken – aber nochmal einen Marathon? Echt nicht!“

 

Aber dann passiert eben das, was immer passiert, und was keiner erklären kann:

Der geringste Impuls, völlig beiläufig und banal, und schon wirft man alles unumstößlich Beschlossene ohne Nachzudenken weit über Bord. So wie nach jedem einzelnen meiner Vierundzwanzig-Stunden-Radrennen, als ich mir stets aufs Neue geschworen habe, mich nie wieder so zu quälen – und dann schon die Bekanntgabe des Termins für die Veranstaltung im Folgejahr ausreichte, um das entsprechende Anmeldeformular abzuschicken.

In diesem Fall ist es Stefan, der eines Tages bei Simone und mir im Büro vorbeischaut und sich ganz unbedarft erkundigt, ob wir denn nicht nochmal Lust auf einen Marathon hätten. Der in Hamburg sei nach allem, was man so höre, ganz nett. Stefan kommt ungefähr bis zu „der in Hamburg....“, als wir beide ohne einen Moment des Innehaltens gleichzeitig ausstossen: „Logisch! Könntest Du uns eventuell gleich alle gemeinsam anmelden?“

 

So ist das eben. Einmal – und immer wieder. Man vergisst einfach, wie weh es tut - „so wie Kinder kriegen“, um Simone ein weiteres Mal zu zitieren.

Aber vielleicht ist es ja genau das, was uns immer wieder dazu bewegt, manche Dinge doch zu wiederholen: Der einzigartige Moment, wenn wir die Ziellinie überqueren, Adrenalin und Dopamin durch unseren Körper strömen, wir über unseren inneren Schweinehund triumphieren; jener Augenblick des Glücks, der all die vorangegangene Plackerei wert ist und uns alle Schmerzen für kurze Zeit vergessen lässt – und wir voller Gewissheit verkünden, uns so etwas nie wieder anzutun.

 

Das erklärt natürlich noch immer nicht die Sache mit dem Heisswachs und der Gebühreneinzugszentrale... 

Aber seis drum, ich gehe jetzt erstmal meine Laufsachen packen – und danach hole ich mir was Schönes bei McDonalds und schaue zur Entspannung irgendeine sinnfreie Reality-Show auf RTL.

 

 

 

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